Der SpiFa e.V. (Spitzenverband Fachärzte Deutschlands) hat ein Grundsatzpapier zu E-Health-Anwendungen und Telemedizin in der Versorgung veröffentlicht. In diesem beschreibt der Verband, welche Voraussetzungen aus seiner Sicht geschaffen werden müssen, damit E-Health-Anwendungen möglichst nutzenstiftend in Deutschland eingesetzt werden können. Grundsätzlich sehen die Fachärzte E-Health und Telemedizin positiv, etwa wenn es um die Stärkung der sektorübergreifenden Kommunikation, die Versorgung von chronisch kranken Patienten/-innen, um Prävention und Gesundheitsförderung oder die Versorgung in strukturschwachen Regionen geht. Allerdings sind nach Ansicht des Verbandes einige Rahmenbedingungen rechtlicher, finanzieller, technischer und organisatorischer Art zu schaffen, um Telemedizin und andere E-Health-Anwendungen wirklich nutzenstiftend in der Patientenversorgung einsetzen zu können.
Grundsatzforderungen
Der SpiFa beginnt zunächst mit einigen Grundsatzforderungen, die anwendungsübergreifend in der Patientenversorgung gelten sollten:
- Das Fernbehandlungsverbot den Bedürfnissen einer arztgesteuerten E-Health unter Berücksichtigung der „Grundlagen für den Einsatz von E-Health im deutschen Gesundheits- und Versorgungssystem“ des SpiFa anpassen!
- Die Haftungssituation in der Anwendung telemedizinischer Verfahren rechtlich vereindeutigen!
- Finanzierungs- und Fördermodelle gezielt für Innovationen im E-Health-Bereich entwickeln!
- Fast Lane zur Einführung von Innovationen im GKV-System schaffen und eine nachhaltige Versorgung garantieren!
- Wirtschaftlich sinnvolle Anreize zur Einführung von ärztlichen Innovationen im Telekommunikationsbereich setzen!
- Kriterien für sichere und sinnvolle M-Health-Anwendungen entwickeln!
- Big Data ermöglichen und Gesundheitsdaten nutzbar machen!
- Das Schriftlichkeitserfordernis für Selektivverträge abschaffen!
- Die elektronische Gesundheitskarte zügig einführen!
- Vernetzung im Gesundheitssystem ermöglichen und Interoperabilität garantieren!
- Rechtssicherheit schaffen und die EU-Datenschutzgrundverordnung zügig umsetzen!
- Datenschutz international harmonisieren!
- Eine sichere, digitale Dokumentation ermöglichen!
- Digitalisierungin der medizinischen Ausbildung stärker fokussieren!
Der SpiFa zu Telemedizin
Die Autoren gehen in der Veröffentlichung auch speziell auf telemedizinische Anwendungen und ihren potenziellen Nutzen ein. Dabei sehen sie folgende Aspekte als essentiell für einen gelingenden Einsatz telemedizinischer Dienste im Gesundheitswesen an:
- das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient als wichtigstem Baustein – Telemedizin ist hier eine Ergänzung, kein Ersatz
- die Wichtigkeit der ärztlichen Schweigepflicht
- klare Vorgaben zur Anwendung von Telemedizin durch den Arzt bzw. das Assistenzpersonal persönlich – der Arzt bleibt weiterhin verantwortlich und die medizinischen Kernbereiche der Diagnostik, Therapie etc. dürfen nicht von anderen Gesundheitsberufen bzw. von Firmen übernommen werden
- unbedingte Beachtung sinnvoller Datenschutzanforderungen und Dokumentation aller relevanten Kommunikationsvorgänge
- Telemedizin darf insbesondere bei dringenden Fällen nicht vorgeschoben werden, wenn erforderlich, müssen Erkrankte weiterhin persönlichen Zugang zur Arztpraxis oder zum Krankenhaus haben (zusätzliche medizinische Risiken durch ausschließlich telemedizinische Behandlung sind nicht vertretbar)
- Es darf zu keinem zusätzlichen Zeitaufwand oder zu zusätzlichen Kosten für den Arzt durch Telemedizin kommen – daher müssen die Anwendungen durch die Kostenträger angemessen vergütet werden und es darf zu keinen Budgetkürzungen zu Lasten der ärztlichen Tätigkeiten kommen
Fernbehandlungsverbot in digitalen Zeiten
Die Fachärzte gehen insbesondere auch auf das Thema des sog. Fernbehandlungsverbotes ein. Aktuell sind telemedizinische Verfahren zwar rechtlich möglich, aber gleichzeitig deutliche Grenzen gesetzt. Hierzu schreibt der SpiFa konkret:
„Der SpiFa fordert die Bundesärztekammer zur Konkretisierung des § 7 Abs. 4 MBO-Ä auf. Ziel muss es sein, eine innovative, moderne medizinische Versorgung ergänzend zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt und auf Grundlage einer ausschließlich autonomen und integeren Entscheidung des behandelnden Arztes zu ermöglichen. Das Fernbehandlungsverbot muss offen bleiben für zukünftige Entwicklungen und neue Erkenntnisse. Das Werbeverbot für Fernbehandlungen nach § 9 des Heilmittelwerbegesetzes muss davon unberührt bleiben.“
Deutlich wird, insbesondere auch vor dem Hintergrund des kürzlich veröffentlichten Papiers der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe (siehe hier), dass E-Heatlh und Telemedizin immer stärker Thema auch in der Ärzteschaft werden und die Zeiten, in denen E-Health eher passiv gesehen wurde bzw. grundsätzlich abgelehnt wurde, vorbei scheinen. Vielmehr geht es nun darum, den digitalen Wandel im Gesundheitswesen von Seiten der Behandler aktiv mitzugestalten und bestmöglich Voraussetzungen für die eigene ärztliche Tätigkeit zu schaffen.
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