Quelle: Roland Letscher

Die wissenschaftliche Bewertung bzw. die Evaluation ist ein zentrales Element für den Erfolg des gesamten Projektes. Dies kommt nicht nur aufgrund der Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), dass vom Innovationsfonds geförderte Projekte umfassend zu evaluieren sind. Vielmehr geht es darum, zu überprüfen, welche Auswirkungen TELnet@NRW auf die Patientenversorgung hat. Zusätzlich wird ausgewertet, ob die formalen Projektziele erreicht wurden oder welche Gründe zu Abweichungen geführt haben. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass der Innovationsfonds nicht nur die Förderung innovativer Projekte zum Ziel hat, sondern insbesondere diejenigen neuen Versorgungsmodelle entwickeln möchte, die einen relevanten Beitrag zur Weiterentwicklung des deutschen Gesundheitswesens leisten können. Die Evaluationsergebnisse können also einen direkten Beitrag dazu leisten, dass die im Projekt erprobte Versorgungsform zügig einen Eingang in die Regelversorgung (=von den gesetzlichen Krankenkassen regelhaft finanzierten Gesundheitsleistungen) findet.

Das Ziel von TELnet@NRW ist, ein sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk als neue digitale Versorgungsform aufzubauen und dies zunächst beispielhaft in der Infektiologie und Intensivmedizin zu erproben. Durch die neu aufgebauten Strukturen und Prozesse soll die Qualität und Effizienz der Versorgung bzw. Behandlung messbar verbessert werden. Die Evaluation soll anhand fest definierter Kriterien nun zeigen, inwiefern diese Ziele erreicht werden und ob eine solche telemedizinisch gestützte Behandlungsunterstützung die Versorgung der Patienten/-innen tatsächlich verbessern kann. Nachfolgend werden daher die wichtigsten Fragen zur wissenschaftlichen Auswertung und Evaluation von „TELnet@NRW“ beantwortet.

Wer führt die Evaluation durch?

Die Evaluation wird im Verbund zwischen der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld unter Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Greiner und der ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH in Bochum durchgeführt.

Wer ist die Zielgruppe des Projektes?

Die Zielgruppe von TELnet@NRW sind zum einen ambulante Patienten/-innen, welche in einer der teilnehmenden Arztpraxen aus den beiden Ärztenetzen MuM und GKS im Projektzeitraum versorgt werden. Zum anderen können stationäre Patienten/-innen, welche in einem der teilnehmenden Partner-Krankenhäuser aus den Regionen Aachen und Münster im Projektzeitraum behandelt werden, teilnehmen. Im Vordergrund stehen Patienten/-innen mit einer infektiologischen Fragestellung im stationären und ambulanten Bereich sowie schwer kranke Patienten/-innen, welche auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Die Studienteilnehmer/-innen müssen bestimmte Kriterien hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes aufweisen. Insgesamt werden circa 40.000 ambulante und stationäre Patienten/-innen eingeschlossen.

Welches Studiendesign wird verwendet?

Es handelt sich um eine nicht-randomisierte, prospektive Studie der telemedizinischen Innovation als Längsschnittuntersuchung im Stepped-Wedge Design mit über 50.000 ambulanten & stationären Patienten/-innen.

 

Welche Parameter werden konkret evaluiert?

Da es sich um ein umfassendes und interdisziplinäres Projekt handelt, welches vielfältige Erkenntnisse zum Einsatz von Telemedizin liefern soll, werden auch verschiedene Parameter/Messwerte bzw. sog. „Outcomes“ ermittelt. Dabei handelt es sich sowohl um medizinische als auch gesundheitsökonomische  Parameter.

Der wichtigste Parameter bezieht sich auf die Verbesserung der Behandlungsqualität, nämlich inwiefern bzw. zu welchem Grad die „10 Empfehlungen“ der Initiative „Klug entscheiden“ der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie tatsächlich im medizinischen Alltag umgesetzt werden. Als sog. sekundäre bzw. nachgestellte Parameter, die aber ebenso eine wichtige Bedeutung für die Beurteilung des Projekterfolges haben, werden u.a. die nachfolgenden Aspekte analysiert.

  • Inwiefern kann die Zahl der Sepsis-Patienten/-innen reduziert werden, die an der Erkrankung versterben?
  • Wie viele Patienten/-innen, die unter einer Infektion mit multiresistenten Erregern leiden, erhalten eine angemessene Antibiotikatherapie?
  • Bei wie vielen Patienten/-innen mit entsprechender intensivmedizinischer bzw. infektiologischer Indikation erfolgt eine leitliniengerechte Therapie (bspw. messbar darüber, bei wie vielen Sepsis-Patienten/-innen innerhalb von drei und sechs Stunden bestimmte medizinisch notwendige Maßnahmen durchgeführt wurden)?
  • Um wie viele Tage kann die Verweildauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus reduziert werden?
  • Inwieweit können Verlegungen (etwa von einem kleineren Krankenhaus in ein spezialisiertes Zentrum) und damit die Belastungen für Patienten/-innen vermieden werden?
  • Wie sieht es mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Patienten/-innen aus, bei Entlassung und nach 12 sowie 24 Monaten?
  • Werden die telemedizinischen Anwendungen von den Fachkräften vor Ort akzeptiert?
Wie werden die Daten in der Praxis erfasst?

Für die Prüfung der Evaluationsziele wird eine ganze Reihe von Daten unterschiedlicher Art erfasst. Es handelt sich dabei sowohl um administrative Daten, die automatisch bei der Behandlung im Krankenhaus anfallen, als auch um solche Daten, die über neue Dokumentationsvorgänge bzw. -verfahren erhoben werden. In den Arztpraxen bzw. im ambulanten Sektor wird über papierbasierte Dokumentationsbögen etwa erhoben, aus welchem Anlass und mit welchem Ergebnis ein telemedizinisches Konsil zwischen Arztpraxis und Krankenhaus erfolgt ist.

Zusätzlich werden sog. CRF (Case Report Form) eingesetzt, die fallbasiert wichtige Daten zur Behandlung, zu krankheitsbezogenen Aspekten der Patienten/-innen (z.B. über sog. Krankheits-Scores) etc. in papierbasierter oder elektronischer Form erfassen. Weiterhin werden die Patienten hinsichtlich der Veränderung ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität und Fachkräfte zur Akzeptanz der eingesetzten telemedizinischen Anwendungen befragt. Die anfallenden Daten werden über verschiedene statistische Verfahren ausgewertet und aufbereitet.

Selbstverständlich werden datenschutzrechtliche Aspekte beachtet. Die Daten werden pseudonymisiert und verschlüsselt übertragen sowie rechtssicher archiviert, um sie vor unberechtigten Zugriffen zu schützen. Die Ergebnisse werden anonym ausgewertet und publiziert, so dass einzelne Daten nicht bestimmten Krankenhäusern oder Praxen zuzuordnen sind.

Um die Qualität der Datenerhebung sicherzustellen, werden zudem alle Fachkräfte bzgl. der Dokumentationsverfahren geschult, den Krankenhäusern Dokumentationsassistenten/-innen zur Verfügung gestellt und eine Plausibilitätskontrolle durchgeführt.

Gibt es einen detaillierten Analyseplan, in dem ich noch mehr Details über die Evaluation erfahren kann?

Einen detailllierten Analyseplan mit näheren Angaben zur Arbeitshypothese, dem Studiendesign, den Studienteilnehmern und der Wirksamkeitsevaluation finden Sie hier:

TELnet@NRW_Evaluationsdesign Analyseplan

Werden die Evaluationsergebnisse veröffentlicht?

Da die Projektergebnisse dazu beitragen sollen, dass nutzenstiftende Anwendungen ihren Weg in die Regelversorgung finden, sollen die Ergebnisse selbstverständlich veröffentlicht werden. Neben dem obligatorischen Projektbericht für die Projektpartner und den Gemeinsamen Bundesausschuss, sollen die Ergebnisse sowohl in wissenschaftlichen Kreisen auf Tagungen, Kongressen, Messen, in Fachzeitschriften, etc. veröffentlicht werden ebenso wie auf der Webseite, auf den Webseiten der Projektpartner, in populären Medien etc., um einen möglichst großen Kreis von Patienten/-innen und Fachkräften sowie Verantwortlichen im Gesundheitswesen zu erreichen.